Dankesrede zur Friedmann-Preisverleihung
20. November 2017: Queer Base wird mit dem Dr. Alexander Friedmann Preis ausgezeichnet.
Der Dr. Alexander Friedmann Preis wird durch das Psychosoziale Zentrum ESRA an Personen, Projekte oder Organisationen verliehen, die sich in besonderem Maße für traumatisierte Menschen – Verfolgte, Flüchtlinge, Angehörige von Minderheiten oder MigrantInnen – engagieren. Der Preis wird von privater Seite gestiftet, die PreisträgerInnen werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt. 2017 wurde die Queer Base mit diesem Preis ausgezeichnet.
Unsere Dankesrede:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe ESRA, liebe Festgäste!
Wir freuen uns heute stellvertretend für alle, die sich in der Queer Base engagieren, den Dr. Alexander Friedmann Preis entgegen nehmen zu können.
Die Queer Base ist für Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität fliehen mussten, ein Ort des Willkommens, der Community, der Familie.
Diese queere Familie kommt aus mehr als 25 Ländern und spricht unzählige Sprachen. Als wir zur Queer Base kamen war es für uns eine große Überraschung, dass wir von so vielen herzlichen Menschen empfangen wurden, die soviel Wärme ausstrahlen.
Die meisten von ihnen sind selbst geflüchtet und wir haben nicht mit diesen vielen Umarmungen gerechnet. Diese Art von Verhalten war uns fremd. Seit vielen Jahren sind wir es gewohnt unsere Zuneigung und Liebe zu verschweigen und zu verstecken. Heute schreibt unser Sohn Artem in seiner Schule im Fach Englisch einen Aufsatz über seine beiden Mütter. In Russland verbietet insbesondere das Propaganda-Gesetz das positive Reden über Homosexualität speziell gegenüber Kinder und Jugendliche.
Therapien sind ein Ort des Redens, die ESRA ist ein Ort, der freies Sprechen ermöglicht, ohne dass jemand verurteilt wird. Die Queer Base ist nicht nur ein Ort der Freiheit, sondern auch der Herzlichkeit und der Leidenschaften, des Aktivismus und der politischen Positionierung. Die Queer Base ist für uns alle ein Ort, der nicht immer angenehmen Auseinandersetzung mit Vorurteilen und des respektvollen Verhandelns.
In unseren sehr unterschiedlichen Herkunftsländern mangelt es an diesen Orten. Im Gegenteil, werden Lesben, Bisexuelle, Schwule, Trans- und Interpersonen als Sündenböcke instrumentalisiert. Sie werden pathologisiert, für krank oder besessen erklärt und nicht wenige von ihnen landen bis heute in Psychiatrien, die versuchen sie zu heilen. In Tadschikistan werden gerade wieder „rosa“ Listen eingeführt, um Homosexuelle als das Abnormale zu etablieren. In über 70 Ländern ist gibt es staatliche und gesellschaftliche Verfolgung. Für alle, die sich ein Leben in Freiheit und Gleichheit wünschen, nehmen wir heute diesen Preis in großer Dankbarkeit entgegen.
Liebe ESRA! Vielen Dank!