Jahresbericht 2021

Die Queer Base – Welcome and Support for LGBTIQ Refugees bietet spezialisierte Beratung, Betreuungs- und Bildungsarbeit im Themenbereich sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Flucht (SOGI). Sie ist die einzige Beratungsstelle dieser Art in Österreich.

Die Leistungen der Queer Base umfassen Beratungen u.a. zu Gewaltprävention, Unterbringung, psychische und sexuelle Gesundheitsversorgung, Betreuungen u.a., Koordination mit GVS Einrichtungen, Begleitungen zu Behörden und Polizei und Community Aktivitäten, Trainings und Workshops im Bereich Bildung u.a. zur Sensibilisierung von Mitarbeiter_innen diverser Organisationen, die im Asyl- und Integrationsbereich tätig sind sowie Netzwerk und Lobbying-Arbeit.

Besondere Herausforderungen ergaben sich im Jahr 2021 durch die anhaltende COVID-Pandemie und den daraus resultierenden Arbeitsbedingungen. Wir versuchten soweit wie möglich persönliche Beratungen anzubieten, da gerade in den Arbeitsfeldern Coming Out Beratung, Gewaltprävention, psychische Erkrankungen und Mehrfachdiskriminierung, vor Ort Beratungen einen wichtigen Aspekt der Sicherheit in den Gesprächen ermöglichen. Die Mitarbeiter_innen der Queer Base arbeiteten monatsweise in zwei Schichten abwechselnd Home Office und Vorort, um die räumlichen Kapazitäten entsprechend zu verteilen. In den kälteren Monaten konnten wir kaum Gruppenveranstaltungen und Events anbieten. Unter entsprechenden Maßnahmen fanden das „Mental Health Talk Café“, die Musiktherapie und eine Gruppe für traumasensibles Yoga statt. Während der niedrigeren Inzidenz-Wochen konnten wir Aktivitäten im Freien (Picknicks, Sport) sowie das Queer Base Café im Villa-Garten anbieten. Diese Angebote wurden sehr gerne in Anspruch genommen. Trotzdem sind die Belastungen im Bereich psychischer Gesundheit massiv und zeigen sich auch in unserer Beratungsstatistik wieder.

Besonders die Verfahrensdauer belastet die Klient_innen der Queer Base stark, oftmals wird das Coming Out auf die erhoffte Zeit nach der Anerkennung verschoben. Dies verstärkt die Angst in diversen Lebensbereichen geoutet zu werden, daraus resultiert eine Verschlechterung der psychischen Stabilität. Deutlich wurde das besonders bei Klient_innen, die EBB Bedarf haben, oder aufgrund von homo- und transphoben und gefährlichen Situationen in Unterbringungen diese Richtung Wien verlassen haben und über Monate, teilweise Jahre als „unstet“ keine Möglichkeit der Aufnahme in die GVS Wien haben, obwohl sie schon geraume Zeit in Wien leben.

Diese Langzeitauswirkungen zeigen bei Fragen der Integration in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Gesundheit einen besonderen Folgebedarf.

Meilensteine des Jahres 2021

Trotz aller Mehrfachbelastung durch die Pandemie wurden im Förderjahr 2021 große Meilensteine erreicht:

Wir haben ca. 150 Rechtsberater:innen der BBU geschult und im Bereich LGBTIQ auf der Flucht sensibilisiert und mit entsprechendem Wissen ausgestattet. Die Zusammenarbeit zwischen Queer Base als Sozial- und Rechtsberatungungsstelle mit der verstaatlichten Rechtsberatung der BBU ermöglicht eine großflächige Verbesserung der Versorgungslage von LGBTIQ Geflüchteten. Für das Jahr 2022 sind weitere Schulungen im Bereich der Bundesgrundversorgung geplant, das führt zum nächsten Meilenstein unserer Arbeit.

Endlich ist im Bereich der Früherkennung von Vulnerabilität eine erste Form der strukturellen Maßnahme gelungen. Durch die Vernetzungsarbeit können Geflüchtete schon früh als Angehörige zur Gruppe der LGBTIQ erkannt und in Kontakt mit der Queer Base gesetzt werden. Dies ermöglicht eine frühe Unterbringung in spezifischer Grundversorgung und trägt dazu bei Verfahren zu verkürzen. Diese Koordination auf Bundesebene könnte eine deutliche Steigerung in Bezug auf die Gesamteinschätzung Österreich mit sich ziehen, da schon jetzt die direkten Kontaktaufnahmen durch Unterbringungen der BBU stark zu genommen haben.

Unsere Statistik zeigt sehr deutlich, wie die Arbeit von Queer Base zur Kürzung der Verfahrensdauer beiträgt. Dies ist angesichts der steigenden Antragszahlen speziell von großer Bedeutung, da allgemein die Personal- wie auch Unterbringungsressourcen knapp sind. Besonders deutlich wird dies bei Klient:innen aus dem Irak

Ein besonderer Meilenstein sind die 2021 begonnenen Qualitätssicherungsmaßnahmen im Bereich von Dolmetschleistungen im Asylverfahren. Nach dem Empfehlungspapier des Fachzirkels „Polizeiliche Erstbefragung im Asylverfahren“ (2017) sowie dem Entschließungsantrag zur „Sicherstellung von fairen und qualitätsvollen Asylverfahren“ (2020), an denen die Queer Base maßgeblich beigetragen hat, begann die Translationswissenschaft der Universität Wien mit einem Evaluierungskonzept, das u.a. die Erstellung einer zentralen Verwaltung der Dolmetscher:innen mit entsprechender Qualifizierung als Ziel hat. Queer Base plant gemeinsam mit der Translationswissenschaft eine Kooperation, insbesondere um zur Glossarentwicklung und Umgang mit Dolmetscher:innen bei sensiblen Themen beizutragen.

Wie im Gesamtüberblick ersichtlich, befand sich ein Großteil unserer Klient_innen in mehrjährigen Verfahren.
Die Schonung von GVS Ressourcen wird insbesondere durch die Grafik deutlich, weil die Antragssteller_innen bereits in erster Instanz Asyl erhalten und somit nicht mehr in der Grundversorgung bleiben. Während die Anerkennungen in den Bundesländern gleichermaßen in erster wie zweiter Instanz erfolgen, wird durch die spezifische Betreuung in Wien das Verfahren massiv abgekürzt.

Den gesamten Jahresbericht (Schwerpunkt Grundversorgung) findet ihr hier: Jahresbericht21

 

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