Queer Base mit Ute Bock Preis für Zivilcourage ausgezeichnet
Gemeinsam mit der Initiative „IG24“ für die selbstorganisierte Vertretung der Interessen der 24-Stunden-Betreuer*innen wurde die „Queer Base“ für den außerordentlichen Einsatz für die Rechte von geflüchteten Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie Trans- und Interpersonen am 22. Mai 2023 im Wiener Rathaus ausgezeichnet. Wir bedanken uns herzlichst bei SOS Mitmensch und bei Mavie Hörbiger und Conchita für die wunderbare Feier!
Mavie Hörbiger hat in ihrer bewegenden Laudatio deutlich gemacht, warum LGBTIQ Personen in Österreich Schutz vor Verfolgung brauchen. Es sind Einzelschicksale, die die strukturelle Verfolgung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität deutlich machen und zeigt, dass hier eine Community in noch immer viel zu vielen Ländern nicht sicher ist.
Marty Huber und Faris Cuchi hielten stellvertretend für die zahlreich anwesende Queer Base Community die Dankesrede:
Danke Mavie Hörbiger und danke Conchita für die Laudatio und Preisverleihung
Danke liebe SOS Mitmensch für den Ute Bock Preis für Zivilcourage 2023
Wir sind überglücklich, als solidarisch Liebende uns in Kontexten wieder zu finden, die verstehen was es heißt in Freiheit und Gleichheit ein sicheres, ja glückliches Leben ohne Stigma und Scham zu finden. Dieser Kontext, diese Zusammengehörigkeit, an der wir seit nun geraumer Zeit arbeiten, besteht auf das Menschenrecht dieses Leben haben zu können, in dem ich lieben darf, wen ich will und sein darf so wie ich bin. Als wir vor gut 8 Jahren begonnen haben uns verstärkt zu organisieren, dann waren das Menschen mit genau eben dieser Sehnsucht, manche von uns hier geboren, andere migriert, wieder andere unter schwersten Bedingungen geflohen. Uns war sehr schnell bewusst, dass Österreich kein sicheres Land für LGBTIQ Geflüchtete ist, viele mussten aus Angst vor Übergriffen die Asylunterkünfte verlassen und schlitterten in die Obdachlosigkeit. Nicht umsonst kamen einige von ihnen in die Türkis Rosa Lila Villa, die seit über 40 Jahren gerade im Bewusstsein anders zusammen leben und sich nicht mehr verstecken zu wollen entstanden ist.
Ich steh hier zum wiederholten Male: Das erste Mal durfte ich den Ute Bock Preis für Zivilcourage mit dem Kollektiv „Refugeekonvoi“ entgegen nehmen, das im Herbst 2015 (dem Jahr das sich ja nicht wiederholen soll) beschloss den in Ungarn aufgehaltenen Geflüchteten großteils aus Syrien, Irak und Afghanistan ein Stück ihres Weges entgegen zu kommen. Dauerte diese Übung in Zivilcourage nur ein paar Tage, so erstreckt sich die Permanenz mit der die Queer Base in die verhärteten Strukturen österreichischer Asylpolitik Glitter streut mittlerweile über 8 Jahre. Viel ist seitdem passiert, mit dem FSW wurde ausgehandelt, dass queere Geflüchtete in die Wiener Grundversorgung aufgenommen werden, obwohl Wien die Verteilungsquote übererfüllt, gemeinsam mit Diakonie Lares schufen wir die ersten sicheren LGBTIQ Wohngemeinschaften in Wien, dann weitere insgesamt derzeit etwa 80 Plätze mit den Kooperationspartner:innen tralalobe, Arbeitersamariterbund und Volkshilfe. Seit Sommer 2016 wird die Queer Base vom FSW gefördert, danke auch dafür.
Uns war klar, dass es nicht nur sichere Unterbringungen braucht, sondern auch ein schlagkräftiges Legal Team, das lange Zeit ohne Bezahlung gearbeitet hat.
Wir haben, weil wir nur zu gut wissen, welche Auswirkungen verletzende Sprache hat ein queeres Dolmetscher:innenteam aufgebaut, ein Großteil von ihnen selbst geflüchtet.
Mit dem UNHCR haben wir die ersten Schulungen für BVwG Richter:innen organisiert und mittlerweile schulen wir von Sozialarbeiter:innen, Rechtsberater:innen, Therapeut:innen von Hemayat, bis zu Dolmetscher:innen zu Qualitätsstandards im Bereich LGBTIQ auf der Flucht.
Diese Arbeit hat sich ausgezahlt, ca. 82% der Queer Base Geflüchteten haben ihr Asylverfahren positiv abgeschlossen, davon haben ca. 80% einen Konventionspass erhalten. Unglaubliche 63% dieser haben ihr Verfahren in erster Instanz abgeschlossen. Früherkennung und entsprechende unterstützte Verfahren ersparen nicht nur unnötigen Raub an Lebenszeit, sondern sparen Ressourcen an allen Ecken.
Nichts wären wir aber ohne die Community, den queeren Geflüchteten selbst, die – trotzdem sie durch manche Höllen gegangen sind – mit ihrer Resilienz und Lebensfreude uns täglich eine Lektion in Zivilcourage erteilen. Nichts wären wir ohne die schon erwähnten Legal Nerds unseren Rechtsberater:innen, den Sozialberater:innen, Dolmetscher:innen, den Queer Base Buddys und den vielen Spender:innen, die unsere Arbeit unterstützen.
Solidarisch liebend zu sein, heißt nicht nur Schutzsuchende mit dem Nötigsten zu versorgen, sondern in den Auseinandersetzungen zu verstehen, von welcher Welt wir träumen sollen und wofür wir kämpfen müssen. Egal, wie fern oder wie nah die Bruchlinien verlaufen, sei es in Uganda, wo die Regierung plant, die Todesstrafe für LGBTIQ einzuführen, seien es Pushbacks im Mittelmeer, sei es in der Slowakei, das es Ungarn gleich tun und die geschlechtliche Transition verbieten will oder seien es Rechtsextreme, und Erzkonservative, die sich vor die Villa stellen wollen, um eine Kinderbuchlesung einer Drag Queen zu verhindern. Die Antwort ist einfach: Nicht mit uns!
Faris Cuchi:
Als ehemaliger Klient von Queer Base, als Teil des Teams von 2019 bis 2021 und als Mitglied hat Queer Base einen besonderen und bedeutenden Platz in meinem Herzen, in meiner Arbeit des Aktivismus, der sich auf vielfältige Weise manifestiert. Die Arbeit von Queer Base heißt queere Menschen mit einem offenen Arm willkommen zu heißen, die bewusst mit Sanftheit, Zärtlichkeit, Freundlichkeit und Liebe gefüllt ist. Diese Arbeit versucht tagtäglich, das Beste mit begrenzten Ressourcen zu tun, um queere Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Kulturen mit unserer Ganzheit zu zentrieren. Diese Arbeit ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, den Schmerz der Entwurzelung von einem Ort, den man einst auf sehr komplizierte Weise sein Zuhause nannte, zu überwinden. Queer Base ist nicht nur ein Ort, an dem queere Flüchtlinge willkommen geheißen werden, sondern auch ein Ort, an dem queere Geflüchtete neu starten, sich neu vorstellen und sich mit dem beruflichen Aspekt unseres Lebens verbinden. Die Arbeit ist von der gelebten Erfahrung dieser Einrichtungen geprägt, die Technologien und Wissen entwickelt haben, die automatisch queere Menschen sehen, die Österreich als Zufluchtsort suchen, und ob die breite Öffentlichkeit es sieht oder nicht, aufgrund dieser Arbeit gibt es erstens mehr als 800 queere Menschen, die Österreich ihr Zuhause nennen und der Kultur der Menschheit hier in Österreich eine einzigartige und wunderschöne Vielfältigkeit und Buntheit verleihen. Danke an das wunderbare Team und die vielen Quellen, die nicht nur fachliche, sondern auch emotionale Arbeit in Queer Base investieren. Danke an SOS Mitmenschfür den Ute Bock Preis für Zivilcourage 2023, die diese Arbeit sieht und würdigt.
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